Haushaltsrede 2005

Der Haushalt 2005

Haushaltsrede 2005

Haushaltsrede 2005 der Vorsitzenden der FDP-Stadtratsfraktion, Gesine Wellhausen, gehalten am 16.12.2004
"Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren!

Die Zeiten werden härter. Kaum jemand, der diesem Satz nicht zustimmen würde. Im nächsten Winter gibt es wahrscheinlich fünf Millionen Arbeitslose, sagen die fünf Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten voraus. Die Sorge um den Arbeitsplatz, die öffentliche Debatte um die Zukunft der deutschen Wirtschaft, die Auswirkungen der eingeleiteten Reformen, der damit verbundene Sozialabbau, die immense Verschuldungsquote der öffentlichen Hand verdichten sich zu einer depressiven unsicheren Grundstimmung. Wie sieht es in Meerbusch aus? Wird der Haushalts-entwurf 2005 diesen Herausforderungen gerecht?

Ich kann nur sagen ´the same procedure as every year`. Auch dieser Haushalt ist kein Sparhaushalt. Die CDU hat nichts bezüglich einer sparsamen Haushaltswirtschaft dazugelernt. Wie will Meerbusch in Zukunft die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Hartz IV auffangen? Wie der Finanz- und Strukturkrise der beiden großen Kirchen begegnen, die erhebliche Einnahmeverluste bei der Kirchensteuer zu verzeichnen haben? Wie in Krefeld könnte es auch in Meerbusch zur Schließung von konfessionellen Kindergärten eventuell auch im Jugend- und Sozialbereich zu Einschränkungen kommen. Das würde zusätzlich das Stadtsäckel belasten.

Zwar ist die Nachricht positiv, dass Meerbusch wieder einmal am Haushaltssicherungskonzept vorbei schliddern kann. Aber diese zunächst positiv anmutende Nachricht verdrängt total, dass der Haushaltsausgleich nur durch eine Zuführung des Vermögens- an den Verwaltungshaushalt möglich ist. Das geht an die Substanz der Stadt Meerbusch. - Erfreulich ist, dass sich die prognostizierten Einnahmen bei der Gewerbesteuer bei der Haushaltseinbringung nach dem neuesten Stand um 1,225 Millionen € auf 23 399 622 € erhöhen und auch der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer um 133 Tausend € steigt. Durch die Steigerung auf der Einnahmenseite kann das immense Defizit im Haushalt 2005 von 7,032 Millionen € auf 6,031 Millionen € gedrückt werden. Ausgeglichen werden soll dieses Defizit durch Grundstücksverkäufe in gleicher Höhe. Dies ist nicht realisierbar und ich glaube nicht, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU ernsthaft diese Verkäufe für erreichbar halten. Der Haushalt sähe noch schlechter aus, wenn das Haushaltsloch nicht auf die kalte Methode durch ungerechtfertigte Gebühren (Zinshöhe der kalkulatorischen Kosten bei den Kanalgebühren) und unnötig hohe Energiekosten zu Lasten der Bürger (hohe Gewinnausschüttung bei der WBM) reduziert würde.

Die mittelfristige Finanzplanung weist für 2008 einen Überschuss von 1,7 Millionen € aus. Übrigens war im Doppelhaushalt 2003/04 für 2005 nur ein Defizit von 2,568 Millionen € errechnet und 2007 sollte ein ausgeglichener Haushalt mit einem Plus von ca. 1 Million € erreicht werden. Dieses verwirrende Zahlenspiel zeigt deutlich, dass auch in diesem Haushaltsentwurf die mittelfristige Finanzplanung reine Makulatur ist. Sie dient lediglich dazu, am Ende der Finanzplanung mit einem ausgeglichenen Haushalt zu winken.

Wie schon in den vergangenen Jahren ist auch im Haushaltsentwurf 2005 nicht versucht worden, eine nachhaltige Konsolidierung des Haushaltes durchzuführen. Durch die Neuveranschlagung von Investitionen in Höhe von 5,3 Millionen € wächst der Vermögenshaushalt auf 41,5 Millionen €. Dieses Volumen abzuarbeiten ist nicht leistbar. Die von uns beantragte Streichung, Streckung von einzelnen Investitionen, bzw. Verschiebung in spätere Jahre wurde abgeschmettert. Auch unserer Aufforderung nach der Überprüfung des Standards der einzelnen Investitionen wurde nicht nachgekommen.

Wie auch auf der Bundes- und Landesebene tickt die Schuldenuhr in Meerbusch weiter: mechanisch und gnadenlos. Das schwarze Loch im Meerbuscher Haushalt wächst derart schnell, dass es die Zukunft folgender Generationen zu verschlingen droht. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrug in 2003 1671 € (2004 € 1750), im Haushaltsentwurf 2005 steigt sie auf 2130 €. Ein Grund für uns, auch diesen Haushalt abzulehnen. Ein strikter Plan zum Schuldenabbau ist vonnöten. Wider besseres Wissen setzen Sie, meine Damen und Herren von der CDU die unsolide Finanzpolitik zum Schaden der Meerbuscher Bürger fort. Da können wir Ihrem Kollegen Herrn Merz nur beipflichten, der in seiner Abschiedsrede während der Haushaltsdebatte im Bundestag dem Finanzminister vorwarf, er betreibe eine Politik zu Lasten zukünftiger Generationen. Ich zitiere: ‚Was Sie da machen ist vor dem Hintergrund der Generationengerechtigkeit die asozialste Politik, die in Deutschland jemals gemacht wurde`. Das, was die CDU im Bund kritisiert, in Meerbusch macht sie es nicht, das können wir Jahr für Jahr bei der Haushaltsaufstellung feststellen.

Ich komme jetzt zu einzelnen Positionen des Haushaltes:

Meerbusch braucht einen Identifikationspunkt für seine Bürger, eine Klammer für alle Ortsteile. Mit dem Gesamtdenkmal Haus Meer haben wir jetzt die einmalige historische Chance, dies zu erreichen. Für die FDP kommt nur eine kulturelle, öffentliche Nutzung in Frage. Erste Schritte sind für uns: die Wiederherstellung des Weyhe-Parks und der Remise und deren Nutzung für kulturelle Zwecke. Eine rein wirtschaftliche Nutzung des Areals widerspricht eklatant der historischen Bedeutung des Geländes. Wir stellen daher wie in den vergangenen Jahren den Antrag, das Gelände Haus Meer zu kaufen. Nur, wenn die Stadt Eigentümerin ist, können öffentliche Mittel fließen. Und es kann doch wohl kaum im Interesse der Stadt sein, die kostenträchtigen Teile des Areals zu erwerben und zu erhalten, um Herrn Agne für den Rest des Areals einen hohen Profit zu verschaffen.

Nach Jahren des zähen Ringens ist endlich Konkretes in die Wege geleitet worden. Im Mai wurde der Förderantrag zur Wiederherstellung der kostenträchtigen Teile des Gesamtdenkmals Haus Meer gestellt und Ende November endlich ein Nutzungskonzept vorgestellt. Nur zur Erinnerung: schon im August 2002 hatten die Aktionsgemeinschaft ‚Rettet Haus Meer` und der Förderverein einen Bürgerantrag zum Nutzungskonzept gestellt. Zum ersten Mal spürte man auch bei der Verwaltung Herzblut bei der Präsentation des virtuellen Rundgangs über das Areal. So richtig was Neues hat die Verwaltung allerdings nicht aus dem Hut gezaubert. Ideen der Initiativen und einzelner Bürger sind aufgegriffen worden, um den Weyhe-Park, den Klosterkeller, das Teehäuschen, den Eiskeller und die Remise für die Bürger begehbar und immer wieder erlebbar zu machen. Wir sind gespannt auf die schriftlichen Erläuterungen zum virtuellen Rundgang und den Beschlussvorschlag der Verwaltung. Wird er die Begeisterung widerspiegeln, etwas Einmaliges für Meerbusch zu verwirklichen? Eine besondere Petitesse ist, dass Haus Meer durch die LEG-Entwicklunggesellschaft wieder in eine Korruptionsaffäre hineingezogen werden könnte. Schon macht das Wort vom Fluch auf Haus Meer die Runde. Da hilft nur eins, die Stadt kauft das Areal. Und wenn Herr Agne die Absetzung des TOP Haus Meer auf der Sitzung des Planungsausschusses vom 18. November als ´nur wieder ein Spielen auf Zeit` ansieht, bestätigt das nachdrücklich unsere Ein-schätzung, dass Herr Agne kein zuverlässiger Partner ist. Während meiner langjährigen Ratsarbeit erinnere ich mich an keinen Investor, dem soviel Milde und Zuvorkommenheit von der Verwaltung entgegengebracht worden ist und der die Verwaltung inzwischen in der Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preisgibt.

Wie auch in den vergangenen Jahren wird in diesem Haushalt gegen das Haushaltsrecht verstoßen: Dreist werden Projekte in den Haushalt aufgenommen, von denen dem Rat keine konkreten Planungen und Alternativen einschließlich Folgekosten vorliegen. Bestes Beispiel - der Ausbau der Hauptschule . Der Verwaltung ist seit einem Jahr bekannt, dass er erforderlich ist. Erst nach der Haushaltseinbringung liegen dem Fachausschuss Pläne hierzu vor. Da nützt es auch wenig, dass demnächst der neue Bauausschuss noch einmal Kosten und technische Daten von Investitionen überprüfen soll. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Grundsätzen der Stadt Kaarst bei der Haushaltsaufstellung, meine Damen und Herren der CDU: es werden nur solche Projekte aufgenommen, für die fertige, verabschiedete Pläne vorliegen. Nur, wenn Sie diese Grundsätze beherzigen, die Haushaltsrecht sind, zeigen Sie, dass Sie wirklich an einer nachhaltigen Haushaltssanierung interessiert sind.

Die Diskussion über einzelne Haushaltsstellen ist in den Fachausschüssen erfolgt, deshalb nehme ich nur punktuell dazu Stellung:

Den Antrag der SPD die Fraktionszuschüsse um 20% zu erhöhen, um sie wieder auf den Stand von 2002 zu bringen, lehnen wir ab. Es wäre ein fatales politisches Signal an die Bürger, die im nächsten Jahr durch die eingeleiteten Reformen mit erheblichen finanziellen Einschränkungen rechnen müssen.

Zum Ausbau der Sportanlage am Eisenbrand haben wir ja gesagt, die Schließung des Sportplatzes an der Kanzlei ist sinnvoll. Nur, wir können aus finanzpolitischen Gründen nicht mehr nach dem Motto verfahren, das Beste ist gerade gut genug für Meerbusch. Die Kosten für das Umkleidegebäude von 875 Tausend € sind überdimensioniert, daher lehnen wir sie ab. Desgleichen ist die Ausstattung des Bösing-hovener Sportplatzes mit Kunstrasen auf spätere Jahre zu verschieben. Erst müssen Einnahmen aus dem Verkauf der Grundstücke des Sportplatzes an der Kanzlei geflossen sein, damit keine zusätzlichen Kreditmittel aufgenommen werden müssen.

Realistisch ist, dass die Haushaltsansätze für die Projekte Dr. Franz-Schütz-Platz und Kulturhaus Lank auch für spätere Jahre auf 0 gesetzt sind. Aber bekanntlich soll man den Tag nicht vor dem Abend loben. Trickreich stellt die CDU den Antrag, das Kulturhaus und Verwaltungsgebäude jetzt wieder an die Uerdinger Straße zu verlegen und weiter zu planen. Die SPD setzt noch eins drauf und beantragt 10 Tausend € für die Planung einzusetzen. Seit über 10 Jahren findet die Reanimation des Kulturhauses für Lank statt, wegen fehlender finanzieller Mittel ist der Bau nicht zu finanzieren. Dieses Vorgaukeln von der Realisierung von Wahlgeschenken untergräbt die Glaubwürdigkeit der Politik. Aber was interessiert die SPD die finanzielle Lage der Stadt, munter werden 3 Räume für die VHS, Bücherei und die Musikschule in jedem Ortsteil beantragt.

Ein Flop wird das neue Baugebiet ´Strümper Busch`. Ein Paradebeispiel für das sorglose Ausgeben von Steuergeldern der CDU. Das eine Blättchen ´Kostenübersicht für den 1. Realisierungsschritt` vom Januar 2002 sieht Herr Nowack auch weiterhin als ausreichende Grundlage für dieses Großprojekt an. Unsere Anträge, ein Finanzierungskonzept und eine Kosten- und Nutzenanalyse vorzulegen, werden einfach negiert. Es ist schon heute abzusehen, dass die eingesetzten 2,5 Millionen € für Grundstücksverkäufe nicht 2005 fließen werden. Sicher sind allerdings die Zinsen in Höhe von 750 Tausend €, die jährlich für den Vorgänger Meerbusch-Mitte anfallen. Zusammenfassend kann man sagen, der Strümper Busch ist bestenfalls eine AB-Maßnahme für das technische Dezernat, die mit einem dicken Minus enden, allenfalls zum Nullsummenspiel werden wird. Dafür darf das grüne Rückgrat von Meerbusch nicht zerstört werden.

Meerbusch darf nicht vergreisen. Meerbuschs Zukunft liegt in dem Zuzug von jungen Familien. Dazu gehört auch ein Betreuungsangebot für unter Dreijährige. Der jetzt ausgewiesene Deckungsbeitrag von 1,25 Millionen € im Haushalt, resultierend aus Hochrechnungen für Hartz IV, lässt fast hoffen, schon bald in jedem Ortsteil entsprechende Gruppen einrichten zu können. Da spricht der Brief des Landrates an Minister Clement leider eine andere Sprache: von einer sich jetzt bereits abzeich-nenden Mehrbelastung, sprich Defizit von 13 Millionen € der kommunalen Haushalte und des Kreishaushaltes ist die Rede.

Mehrheit ist Mehrheit, das haben wieder einmal die CDU Vertreter in der letzten Haupt- und Finanzausschusssitzung in peinlicher Weise vorgeführt. Der Beschluss aus dem Jugendhilfeausschuss, die Arche Noah mit den Finanzmitteln für eine volle bzw. zwei Teilzeitkräfte auszustatten (41,5 Tausend €), wurde aufgehoben, gerade 20 Tausend € ist die Arbeit der Arche Noah der CDU wert. Im gleichen Atemzug werden 10 Tausend € auf Antrag der CDU für die Errichtung einer Schutzhütte sowie das Aufstellen von Bänken an den Hauptwegen im Rahmen des Freizeitzentrums Eisenbrand eingesetzt.

Dem Stellenplan stimmen wir zu. Wir erkennen die Bemühungen der Verwaltung an, das beschlossene Personalentwicklungskonzept umzusetzen, zumindest die tariflichen Steigerungen und die Erhöhung der Zusatzkasse aufzufangen. Wir verhehlen aber nicht, dass noch mehr geschehen muss, um den größten finanziellen Brocken im Verwaltungshaushalt auf Dauer zu reduzieren und den Personalhaushalt zu verschlanken. Konkrete Möglichkeiten versprechen wir uns durch den interkommunalen flächendeckenden Vergleich. Die gute Arbeit der Stadtverwaltung muss effektiv auf Projekte gebündelt werden, die realisierbar sind. Die Motivation der Mitarbeiter wird untergraben, wenn permanent neue Baustellen eröffnet und der Eindruck entsteht, für den Papierkorb gearbeitet zu haben.

In den nächsten Jahren muss viel an Innovation von Rat und Verwaltung geleistet werden in Zusammenarbeit mit Institutionen, Verbänden und Vereinen. Der hohe Standard, den wir im Sozial-, Jugend-, Schul- und Sportbereich erreicht haben, den wir voll unterstützen, kann nur durch eine solide Finanzpolitik gehalten werden. Nur so können wir auch weiterhin das bürgerschaftliche Engagement, auf dass die Stadt dringend angewiesen ist, weiterhin durch freiwillige Zuschüsse unterstützen.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie werden heute wieder mit Ihrer absoluten Mehrheit einen Haushalt verabschieden, der nicht zukunftsweisend ist und die Finanzlasten in unverantwortlicher Weise auf die nächsten Generationen verschiebt. Dies können wir nicht mittragen, wir lehnen den Haushalt 2005 und die mittelfristige Finanzplanung ab. Wie sagt Ihre Parteivorsitzende Angela Merkel auf dem Bundesparteitag der CDU: ‚Wir machen es grundlegend anders (als die Bundesregierung), damit es grundlegend besser wird`. Das ‚besser` wünschen wir uns für Meerbusch, das hätten die Meerbuscher Bürger verdient, aber dem ist leider nicht so."
Gesine Wellhausen
(Fraktionsvorsitzende)