Sitzung des Rates am 21.02.2019
An die Bürgermeisterin
der Stadt Meerbusch
Frau A. Mielke-Westerlage
Dorfstr. 20
40667 Meerbusch
Meerbusch, den 20.02.2019
Anfrage zu TOP 5 der Sitzung des Rates am 21.02.2019
Sehr geehrte Frau Mielke-Westerlage,
die FDP-Fraktion bittet die Verwaltung, - zusätzlich zu den Fragen der UWG vom 17.2.2019 - die nachfolgenden Fragen zu beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Rettig
(Fraktionsvorsitzender)
Nr.
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Frage (fett gedruckt)
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Bauleitplanung: Warum wurden hier keine bauleitplanerischen Maßnahmen (Änderung Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) ergriffen ? Gab es eine Abstimmung mit der
Bezirksregierung ?
In anderen Gemeinden gab es zumindest eine Änderung des Flächennutzungsplans (inkl. einer Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange !), z.B.
Niederkrüchten: Dort hat der Rat am 08.05.2018 beschlossen, einen FriedWald - Standort im „Elmpter Wald“ in Kooperation mit der FriedWald GmbH einzurichten (Beisetzung in
biologisch abbaubaren Urnen). Da eine Be-troffenheit von Belangen des §1 Abs. 6 BauGB zumindest möglich erschien und zudem ein berechtigtes öffent-liches Interesse an der
Einrichtung eines Bestattungswaldes gegeben war, übte die Gemeinde ihr Planermessen gemäß §1 Abs. 3 Satz 1 BauGB insofern aus, dass für die geplante Einrichtung eines
Bestattungswaldes ein Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes durchgeführt wurde. Dieses Vorgehen wurde mit der Bezirksregierung Düsseldorf sowie des Amtes für Bauen,
Landschaft und Planung des Kreises Viersen abgestimmt (Aufstellungsbeschluss; Begründung). Bemerkenswert: In der Vorlage zur Gebührensat-zung vom 11.12.2018 wird dargelegt, dass
es erhebliche „Abwanderungen“ von den städtischen Friedhöfen gibt, vermutlich aufgrund der Nähe zum Bestattungswald Bergerbos im niederländischen Sint Odilienberg, und daher die
Gebühren für die städtischen Friedhöfe, insbesondere bei Urnengräbern, deutlich angehoben werden müssen.
Langerwehe: Der Rat der Gemeinde Langerwehe hat in 2017 die Errichtung und Unterhaltung eines Bestat-tungswaldes in Trägerschaft der Firma Friedwald GmbH in dem privaten Meroder
Wald beschlossen; die Beisetzung erfolgt in einer Urne. Der zuständige Dezernent des Kreises Düren teilte mit, dass für die Genehmigung einer Waldbestattungsanlage eine genehmigte
Flächennutzungsplandarstellung erforderlich ist. Der entsprechende Aufstellungsbeschluss erfolgte am 17.1.2018 (Aufstellungsbeschluss, FNP-Änderung Be-gründung). Auf Anforderung
des Kreises Düren wurde eine Artenschutzprüfung II (ASP II) durchgeführt (Artenschutzprüfung I, Artenschutzprüfung II mit Hinweis auf Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen !), und
ein Umweltbericht erstellt. Im September 2018 wurde die 38. Änderung des Flächennutzungsplane durch die Bezirksregierung Köln genehmigt. Der Bestattungswald wurde im November 2018
eröffnet.
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[2]
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Landschaftsplan: Wurde der Landschaftsplan mit seinen Beschränkungen und weitergehenden Zielen (Ausweitung Naturschutzgebiet) hinreichend berücksichtigt ? Steht der
Landschaftsplan als öffentlich-rechtliche Vorschrift dem Vorhaben des geplanten Bestattungswaldes bei genauer Prüfung nicht entgegen ?
Für den relevanten, im Außenbereich liegenden Grundstücksbereich (Gemarkung 3345, Flurstück 9 in Flur 1 sowie Flurstück 1 in Flur 55) ist im
Flächennutzungsplan ’Flächen für Forstwirtschaft’ festgesetzt. Wie der bei-gefügten Karte (BUA: Anlage 4 zu TOP 9) zu entnehmen ist, liegt die Fläche im Landschaftschutzgebiet
„Strümper Busch / Meerbusch / Stingesbachaue“, westlich davon schließt sich das Naturschutzgebiet "Der Meerbusch" an. Beide Bereiche liegen im Geltungsbereich des
Landschaftsplanes Rheinkreis Neuss: Land-schaftsplan III Meerbusch – Kaarst – Korschenbroich (Stand: 20.11.2013) und auch innerhalb der Biotopkatasterfläche BK-4705-018 (suche
dort nach Flurstück 3345-1-9); im Landschaftsplan kann man hierzu lesen ‘Die genannten Teile des Landschaftsschutzgebietes 6.2.2.6 und das Naturschutzgebiet 6.2.1.4 =
Naturschutzgebiet "Der Meerbusch" sind in Teilbereichen eng miteinander verbunden. Dies betrifft vor allen Dingen beobachtete Wanderungen von Amphibien zwischen den beiden
Gebieten. Durch die Aufstellung eines Ge-samt-Biotopmanagementplanes sollen die langfristig vorzunehmenden Maßnahmen und die Vorschläge zur Entwicklung beider Gebiete zu einem
zusammenhängenden Naturschutzgebiet erarbeitet werden.’
Im Landschaftsplan Abschitt 6.2.2 heißt es: In den festgesetzten Landschaftsschutzgebieten sind unter besonderer Beachtung von § 1 Abs. 3 LG alle Handlungen
verboten, die den Charakter des Gebietes verändern können oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Verboten ist insbesondere (relevante Auswahl):
1. bauliche Anlagen im Sinne der Bauordnung für das Land NW zu errichten sowie die Außenseite bestehender baulicher Anlagen zu ändern, auch wenn das
Vorhaben keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf, Buden, Verkaufsstände, Verkaufswagen oder Warenautomaten zu errichten, aufzustellen oder abzustellen; -> mobile
Toilette (Abwasserbeseitigung !!)
2. Werbeanlagen oder -mittel, Schilder oder Beschriftungen zu errichten oder anzubringen, soweit sie nicht ausschließlich auf das Schutzgebiet hinweisen, als Ortshinweise oder
Warnschilder dienen; -> Hinweisschilder Bestattungswald !?
3. Straßen, Wege oder Plätze zu errichten, zu ändern oder bereitzustellen; -> Andachtsplatz (Grundfläche und Ausbauart unbekannt), -> Berechnung der Anzahl der Parkplätze
[vorläufig !? mindestens 15 zusätzliche Stellplätze] und Größe der Fläche unklar: Stellplätze pro Bestattung + Stellplätze für alle Waldbesucher); -> Stellungnahme des
Landesbetriebs Straßenbau NRW wegen Zufahrt von der Meerbuscher Straße ?; -> Befahren der Wege (ausnahmsweise) erlaubt ?
7. landschaftsfremde Stoffe oder Gegenstände zu lagern, abzulagern oder sich ihrer in anderer Weise zu entledigen; -> Asche
Würden beide Gebiete – wie vorgesehen - zu einem zusammenhängenden Naturschutzgebiet zusammengefasst, käme als weiteres Verbot ’12. Flächen außerhalb der
befestigten oder gekennzeichneten Straßen, Wege, Park- oder Stellplätze zu betreten, auf ihnen zu reiten oder sie zu befahren’ hinzu (Landschaftsplan S.45).
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[3]
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Bodenschutz: Wurde der Bodenschutz auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnis beurteilt ?
Nach den im Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und im Landesbodenschutzgesetz NRW (LbodSchG NRW §1) verankerten Grundsätzen des Bodenschutzes sind
Vorsorgemaßnahmen gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen, insbesondere durch den Eintrag von schädlichen Stoffen, und die damit verbundenen Störungen der natürlichen
Bodenfunktionen zu treffen.
Zu der Frage der Schadstofffreisetzung (insbesondere Chrom und Nickel) aus Urnen in Bestattungswäldern wird häufig das Gutachten von Prof. Dr. Lang und
Dipl.-Ing. Graf ’Untersuchungen von Bodenproben aus ver-schiedenen Friedwaldstandorten’ (2015) zitiert, das im Auftrag der FriedWald GmbH erarbeitet wurde. In der von der
FriedWald GmbH erstellten und wesentlich häufiger zitierten Kurzfassung heißt es summarisch: ’Dau-erhafte Änderungen der Bodeneigenschaften durch Kremationsasche aus biologisch
abbaubaren Ur-nen sind jedoch auszuschließen. ... Die Aufnahme von Schwermetallen durch die Grabbäume in schäd-lichem Ausmaß ist grundsätzlich auszuschließen.’ Die Langfassung
endet hingegen mit der Feststellung: ’Obwohl unsere Ergebnisse zeigen, dass an den untersuchten Standorten keine Verlagerung von Schwermetal-len stattgefunden hat, möchten wir
empfehlen, die Einrichtung von Bestattungsplätzen in Wäldern auch boden-kundlich und hydrologisch begleiten zu lassen. Stichprobenartig kann im Vorfeld einer Einrichtung die
Puffer-funktion des Bodens gegenüber eines etwaigen Schwermetalleintrags durch Kremationsasche erhoben wer-den. Dies dient der weiteren Risikominimierung. Insbesondere sollten
hier die Parameter Bodentextur, Boden pH, Gehalt an organischer Substanz und an pedogenen Fe-Oxiden in der durchschnittlichen Ablagetiefe der Urnen (80 cm) erhoben und zur
Beurteilung der Standorte herangezogen werden. Auch hydrologische Eigen-schaften der Standorte sollten zur Beurteilung der Eignung eines Standorts herangezogen werden. Hier
sollten insbesondere mittlere Grundwasserstand, jahreszeitliche Änderungen im Grundwasserstand und etwaige Stauschichten erhoben werden [eigene Einfügung: Boden-/
Grundwassermonitoring]. Der Einfluss auf die ökologi-schen Eigenschaften der Waldböden (Nährstoffgehaltserhöhung) müsste im Rahmen weiterer Untersuchungen ebenfalls getestet
werden.’
Ob das Ausstreuen von Totenasche im oberen Bodenhorizont ohne Urne - wie hier vorgesehen – die Betrachtung zusätzlicher Aspekte erforderlich macht, ist
unklar. Bislang ist die Praxis, Totenasche zu verstreuen, nur auf Friedhöfen (im Rasenbereich), aber nicht im Wald bekannt; bereits das Verstreuen normaler Holzasche (=nicht-
Totenasche) scheint im Wald problematisch zu sein (vgl. z.B. Zimmermann et al.. 2002; Wald Holz 83, 11: 41-44 ‘Wirkung von Holzasche auf Waldboden, Baumwurzeln und
Baumphysiologie. Holzasche: Zurück in den Wald?‘ ).
Warum werden die Ergebnis der Studie der vom Umweltbundesamt (Suche nach Forschungskennzahl: 3716722120) in Auftrag gegebenen Forschungsarbeit mit dem Titel "Evaluierung von
Ausmaß und Ur-sachen einer Schadstofffreisetzung aus Urnen in Bestattungswäldern" nicht abgewartet ?
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[4]
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Sind die Aschemengen, Bestattungszeiten und Waldführungen, insbesondere während sommerlicher Dürrezeiten (Brandrisiko durch heiße Katalysatoren, Glasscherben etc.)
limitiert ? Wird die Totenasche vor Ausbringung in den Waldboden dekontaminiert (wie bei anderen Verbrennungsanlagen) ?
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[5]
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Ist die im Abschnitt V. Vergütung (Abschnitt 3) des Austausch- und Nutzungsvertrages genannte Kom-pensationsregelung (max. 8000 € bei für 8 Meerbuscher Bürger) auch heute
noch sachgerecht ? Wie wurde die Regelung hergeleitet ?
Die Wahl der Bestattungsart wird durch persönliche Überzeugungen, aber auch den Folgeaufwand für Grabstein und Grabpflege sowie die Bestattungskosten
bestimmt. Legt man die beiden letztgenannten Kriterien zugrunde, ist - bei 1 Grab - der pflegefreie Bestattungswald Meerbusch in der günstigsten Variante deutlich preisgünstiger
als ein für die Hinterbliebenen pflegefreies Grab auf einem Meerbuscher Friedhof. Abgesehen von der – aus unserer Sicht - ungünstigen Kompensationsregelung ist zu befürchten, dass
erheblich mehr Meerbuscher aus Kostengründen den Bestattungswald vorziehen (‘abwandern’), und in der Folge die Friedhofsgebühren weiter ansteigen (vgl. auch Hinweis in [1]).
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Nutzungsdauer
25 Jahre
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Pflege durch Hinter-bliebene
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Benutzungs-gebühren €
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Bestattungs-gebühren €
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Leichen-halle €
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Gesamt
(1 Grab)
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MB-Satzung 01.01.2019 Urnengrabstätten*
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4.2.1 Wahlgrab (≤ 4 Urnen)
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ja
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1275
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117
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226
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1618
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4.2.2 Reihengrab
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ja
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856
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88
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226
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1170
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4.2.3 Anonymgrab
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nein
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1458
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59
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226
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1743
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4.2.4 Wiesengrab (≤ 2 Urnen)
|
nein
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2225
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103
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226
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2554
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4.2.5 Aschenstreufeld, falls schriftlich bestimmt (selten: ca. 10/Jahr)
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nein
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260
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103
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226
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589
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4.2.6 Baumgrab (≤ 2 Urnen)
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nein
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2500
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103
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226
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2829
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Bestattungswald Meerbusch**
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Preiswertestes Grab ohne Wahlrecht
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nein
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650
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350
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-
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1000
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Preiswertestes Grab mit Wahlrecht
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nein
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720
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350
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-
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1070
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*= Die Bestattungen erfolgen regelmäßig an Werktagen; außer an Samstagen
**= auch an Samstagen
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