Haushaltsrede 2002

Der Haushalt 2002

Haushaltsrede 2002

 

Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden der FDP anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes 2002 auf der Ratssitzung am 28.02.2002


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren !

 

Das Klagelied gehört in diesen Zeiten zum Standartrepertoire aller Kämmerer im Lande. So auch in Meerbusch. Die Kommunen sind heillos überschuldet und in vielen Räten macht das Kürzel HSK die Runde, das für den Begriff Haushaltssicherungskonzept steht, im Grunde aber für eine Bankrott-erklärung steht. Es ist sicher richtig, dass viele Beschlüsse auf der Bundes- und Länderebene zu Lasten der Gemeinden getroffen worden sind, aber das Lamentieren lenkt auch wunderbar von der jahrelang praktizierten eigenen Unfähigkeit ab, die Probleme frühzeitig, im Interesse der steuerzahlenden  Bürger zu lösen.


Meerbusch ist in diesem Jahr noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen, auch wenn der Ausgleich des Verwaltungshaushaltes nur durch die Zuführung vom Vermögenshaushalt in Höhe von 1957139 € möglich ist. Das Defizit wäre verglichen mit den Voraussetzungen der vergangenen Haushalte um weitere 2.9 Millionen € höher, da erstmalig in diesem Haushalt der Verwaltungshaushalt durch die Schulpauschale im konsumtiven Bereich und die Aufwendungen für städtische Architekten- und Ingenieurleistungen entlastet werden darf. Auch die mittelfristige Finanzplanung gibt keinen Anlass zu frohlocken, sie weist bis 2005 jeweils ein Defizit von gut 800 Tausend € für die städtischen Haushalte aus. Ob dann im Jahre 2006 wirklich ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden kann, bezweifle ich stark, da sich im unsoliden Haushaltsgebaren der CDU nichts ändern wird. Das Prinzip Hoffnung soll helfen und der Schuldenberg wächst weiter.

 

Hinzu kommt Eichels Versrechen der EU gegenüber, bis 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das lässt nichts Gutes für Länder und Kommunen erwarten. In zwei Jahren muss die gesamtstaatliche Neuverschuldung um 50 Milliarden Euro sinken, ca. die Hälfte muss von den Ländern und Gemeinden eingespart werden. Für Nordrhein-Westfalen bedeutet Eichels Sparziel, fünf Milliarden Euro müssen bis 2004 ins Sparschwein, die sonst für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung gestanden hätten. Die finanzielle Position unserer Stadt ist nicht rosig, die Aussichten sind düster. Das alles ist nichts Neues, so verwundert es auch nicht, dass die Haushaltsberatungen nach altbewährten Muster verliefen: Der Produkthaushalt wird zum undurchdringlichen Dickicht mit seinen zahllosen Änderungslisten, Anträge der Opposition werden abgebügelt, die Arroganz der CDU ist ungebrochen, das CDU Klientel wird dreist unterstützt, ergebnisoffene Diskussionen werden nicht geführt, die Steuergelder der Bürger verschwendet.

 

Die FDP wird auch diesem Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung nicht zustimmen. Wie schon in den vergangenen Jahren wird an dem Bürgerwillen vorbei geplant, das zeigt sich besonders bei den Großprojekten. Ich werde nicht die Diskussion in den Ausschüssen wiederholen,
sondern die vier wichtigsten Gründe unserer Ablehnung darlegen. Wieder einmal ist die Chance vertan worden, einen soliden, bürgernahen, zukunftsfähigen Haushalt zu verabschieden. Das heißt, es werden die wesentlichen politischen Ziele nicht erreicht, nämlich:


Im Gebiet des Siedlungsschwerpunktes eine behutsame Bebauung zu realisieren, die zu Strümp passt und zum Schuldenabbau beiträgt

  • Für den Kernbereich eine optimale, lebendige Lösung zu finden
  • Haus Meer als Identifikationspunkt für alle Bürger Meerbuschs zu sichern
  • Ein Konzept für eine nachhaltige Konsolidierung des städtischen Haushaltes zu erstellen
  • Das Trauerspiel Siedlungsschwerpunkt sollte endlich einen akzeptablen Abschluss finden. Einer geringen Bebauung im Siedlungsschwerpunkt (nun „Strümper Busch“) können wir auch weiterhin nur aus dem Grund zustimmen, um die in den letzten Jahren verausgabten immensen Investitionskosten (35 Millionen DM, Zinsbelastung jährlich 1.5 Millionen DM) zumindest teilweise wieder in das Stadtsäckel zurückzuholen.

 

Nur kurz zur Vergangenheit: Nachdem das Bürgerbegehren den Siedlungsschwerpunkt Meerbusch Mitte mit zentralem Rathaus gekippt hatte, wurde die Verwaltung im Februar 2000 beauftragt, ein neues Konzept auf der Grundlage des CDU- und SPD Modells zu entwickeln. Bekanntlich mahlen die Mühlen der Verwaltung langsam, so wurde im Dezember 2001 – fast 2 Jahre später – der erste nördliche Bauabschnitt für das Gebiet Strümper Busch vorgestellt. Mit dem Gesamtkonzept, das gut 2/3 der Fläche von Meerbusch Mitte in Anspruch nimmt, wird die Zersiedlung in Strümp fortgesetzt. Die vorgesehenen 865 Wohneinheiten in beiden Bauabschnitten sind zu hoch, die Erschließung speziell im Süden ist viel zu aufwendig, der Freiraum zwischen Strümp und Bovert wird fast vollständig zerstört, das geplante Gewerbegebiet macht die sich anschließende Wohnbebauung unattraktiv und ist an diesem Standort unnötig. Wir lehnen die Planung ab und beantragen wie SPD und Bündnis90/Die Grünen die Streichung der Haushaltsmittel.

 

Wir haben eine alternative Planung, die Bebauung in der Verlängerung der Buschstraße beantragt. Hier könnten bis zu 250 Wohneinheiten in Form von Einfamilien-, Zweifamilien- und Reihenhäusern entstehen. Das ist die Wohnform, die vorzugsweise in Meerbusch nachgefragt wird, wie die Pestel-Studie bestätigt. Die Bebauung würde zu Strümp passen, der Erlös wäre optimal, die Erschließung wäre umweltschonend und günstig.

Wen wundert es noch, unser Antrag wurde abgelehnt, desgleichen der Antrag, 100000 € für die Erstellung eines Landschaftsgestaltungsplanes für einen Grüngürtel von Bösinghoven bis Gut Dykhof in den Haushalt einzustellen. Übrigens Seite 1 Kostenübersicht, ohne Erläuterung der einzelnen Beträge reicht der Mehrheitspartei als Finanzierungskonzept, um die Planung fortzusetzen. Die CDU lernt einfach nicht aus den Fehlern der Vergangenheit.

 

Ein weiteres Desaster verursacht die geplante Bebauung des Dr.-Franz-Schütz-Platzes. Als Mogelpackung mit dem Stempel „Umgestaltung des Platzes“ und nicht mit dem tatsächlichen Ziel „Rathausbau“ in die Öffentlichkeit gebracht, wird auch dieses Projekt scheitern. Der erste Preis des Architektenwettbewerbs stieß auf einhellige Kritik bei der Bürgerversammlung Ende des vergangenen Jahres. Die Bürger wollen keine massive Bebauung auf dem Platz, lehnen weitere Ladenlokale ab, beklagen die Verschattung des Platzes durch den geplanten Riegelbau, lehnen die Stadt als Immobilienmakler ab usw. .. usw. Innerhalb kürzester Zeit wurden von der Aktionsgemeinschaft Dorfplatz 3800 Unterschriften gegen das Bauvorhaben gesammelt. Nahezu 90% der Einzelhändler, alle Marktbetreiber sprechen sich gegen die Bebauung aus. Ein städtebaulicher Wettbewerb – ergebnisoffen -, von uns gefordert, hätte dieses Debakel verhindert, hätte grundsätzliche städtebauliche Fragen gestellt und Lösungen hierzu erarbeitet. So z.B. wie viel Verwaltung verträgt überhaupt die Mitte von Büderich, muss das ehemalige HJ-Heim erhalten bleiben, sind weitere Geschäfte dort lebensfähig, wie viel Wohnen ist sinnvoll und erwünscht, um eine Verödung des zentralen Bereichs entgegenzuwirken? 15.35 Millionen € sind für den Neubau vorgesehen, dazu kommen weitere 4.07 Millionen für den Umbau der Altgebäude, der Parkplatzgestaltung, Kauf von neuem Mobiliar etc.. Das sind 19.427 Millionen € an Steuergeldern, die für ein Projekt verschleudert werden sollen, welches die Bürger nicht haben wollen. Das alles interessiert gleichermaßen den Bürgermeister und die CDU nicht, die Abstimmung hat gezeigt, dieses Projekt soll realisiert werden, koste es, was es wolle, der Steuerzahler muss es ja bezahlen.

 

Ich will Sie, meine Damen und Herren auch nicht mit weiteren Zahlen langweilen, auch das Finanzierungskonzept für den Dr.-Franz-Schütz-Platz hat gezeigt, auf welch unseriösen Berechnungen dieses Projekt durchgeführt werden soll. Da hilft nur eine großräumigere Neuplanung für den Kernbereich von Büderich. Wir beantragen die Streichung der Haushaltsmittel.

 

Das Gelände Haus Meer muss als Identifikationspunkt für alle Meerbuscher bewahrt und den Bürgern zugänglich gemacht werden. Wir freuen uns, dass der Bürgermeister in seiner Neujahrsansprache bies bestätigt und eine sorgfältige Prüfung auf die Antworten der Frage der künftigen Nutzung zusagt. So weit so gut, nur wie ist diese Aussage mit dem bisherigen Nullengagement der Verwaltung zur Bestandsicherung der Remise zu verstehen ?

 

Vor über einem Jahr ist der Beschluss gefasst worden, unverzüglich in Sachen Sicherung zu handeln. Ein weiteres Jahr ist das Mauerwerk der Remise der Kälte und Nässe und dem Bewuchs ausgesetzt worden und der fortschreitende Verfall ist erkennbar. Nichts ist geschehen, dafür hörten wir ständig sich widersprechende Aussagen der Verwaltung, der Eigentümer sei nach dem Denkmalschutzgesetz verpflichtet zu handeln, aber es müsste auch wirtschaftlich vertretbar sein, dann sollte der Ausschuss erst einmal die Untersuchungen abwarten und dankbar sein, dass der Eigentümer diesen zugestimmt hatte, Herr Schöndeling fühlte sich auch nicht zuständig, da die Sicherung der Remise nicht Teil des Untersuchungsauftrages sei, Höhepunkt des Trauerspeils war dann die letzte Kulturausschusssitzung, in der Herr Nowack meinte: Es ist ja nicht so, dass wir nichts tun wollen, nur muss es passen. Wie gut, dass es die Aktionsgemeinschaft „Rettet Haus Meer“ gibt, die hatte nämlich erneut den Antrag gestellt, sofort geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Remise einzuleiten. Einstimmig folgte der Kulturausschuss diesem Votum, Der Eigentümer ist zuständig, für eine eventuelle Ersatzvornahme sind 96000 € in den Haushalt eingestellt worden. Das Beispiel Remise zeigt uns, die Verwaltung, der Bürgermeister und sicher die überwiegende Mehrzahl der CDU-Ratsmitglieder haben noch immer die Hoffnung zum Nulltarif vom Eigentümer einen Identifikationspunkt Haus Meer errichtet zu bekommen. Der Streit mit dem Eigentümer ist vorprogrammiert, weil eine rein wirtschaftliche Nutzung des Areals der historischen Bedeutung eklatant widerspricht. Wie schon in den vergangenen Jahren stellen wir den Antrag, das Gelände Haus Meer zu kaufen. Nur so ist es möglich, eine überwiegend kulturelle Nutzung für dieses Areal festzuschreiben und einen Identifikationspunkt für alle Meerbuscher zu schaffen. Nur wenn die Stadt Eigentümerin des Geländes ist, können öffentliche Mittel fließen. Die Untersuchungen werden beweisen, welch einmaliger Schatz Haus Meer ist. Unser Vorschlag ist auch weiterhin, das Grundstück in eine Stiftung einzubringen. Ein kompetent besetzter Stiftungsrat entwickelt dann ein Nutzungskonzept, dass der großen historischen Bedeutung von Haus Meer entspricht und das Gelände für die Bürger begehbar und erlebbar macht.  

 

Das diesjährige Haushaltsdefizit, trickreich gesenkt und die negativen Ausschichten für die nächsten Haushalte zeigen, Rat und Verwaltung hätten ein Konzept entwickeln müssen um in Zukunft einen ausgeglichenen Haushalt zu erhalten. Das heißt, die Schulden müssen abgebaut, eine Prioritätenliste muss erstellt werden, um bei notwendigen Einsparungen nicht mit der  Rasenmähermethode vorgehen zu müssen. Die Realität sieht in Meerbusach ganz anders aus. Die Kreditaufnahme für diesen Haushalt beträgt 14697511 €, die Verschuldung steigt pro Einwohner auf 1858 €. In Jahr 2000 betrug sie nur 1437 €. Und bei den Haushaltsberatungen führte sich die CDU auf, als wenn sie im Lotto gewonnen hätte.

Der diesjährige Haushalt beweist auf das Trefflichste. Die Projekte „Strümper Busch“ sowie Dr.-Franz-Schütz-Platz werden ohne ein seriöses Finanzierungskonzept, bei dem auch der worst case berücksichtigt wird, koste es was es wolle, durchdrückt. Meine Damen und Herren von der CDU, es müsste Ihnen doch zu denken geben, dass kein Ratsmitglied der anderen Fraktionen, die Verantwortung für diese Großprojekte mitträgt und die Ablehnung auch bei den Bürgern immer größer wird.

 

Es ist bekannt, dass unser Bürgermeister ein Freund des Sports ist und dabei von der CDU natürlich unterstützt wird, das zeigt dieser Haushalt auf eklatante Weise. Im Gebiet „Strümper Busch“ sollen großzügige Sportanlagen entstehen, die Sportstätten am Eisenbrand sollen saniert werden, eine Einfachsporthalle soll zwischen Dorfstraße und Büdericher Allee errichtet werden, weil die bestehende Turnhalle an der Römerstraße verkauft und ohne Not abgerissen wird. Planungskosten werden für einen Freizeit- und Erholungspark eingesetzt. Eine unglaubliche Ausgabe, denn selbst der CDU sollte klar sein, dass in absehbarer Zukunft, ein solches Projekt nicht realisiert werden kann. Ganz abgesehen davon, dass dieser Bereich durch seine exponierte (Ortsrand-) Lage nicht für Angebote für Kinder und Jugendliche geeignet ist. Wir beantragen die Streichung der Haushaltsmittel. Dagegen Könnten sich in dem von uns geforderten Grüngürtel peu a peu attraktive
Freizeitangebote entwickeln, übrigens auch eine Forderung der Planungszellen.
Das verschwenderische Geldausgeben der CDU geht aber auf Kosten der Steuerzahler munter weiter. So werden in diesem Haushalt Planungskosten für ein Kulturhaus in Lank für die Volkshochschule, Bücherei und Musikschule eingesetzt. Ein Projekt, das von der Sache zu begrüßen wäre, nur die Stadt kann es sich in absehbarer Zeit nicht leisten. Hier Hoffnungen zu wecken, halten wir für verantwortungslos. Wir beantragen die Streichung.

 

Die CDU hat verständlicherweise große Sorgen, durch ihre unsensible verschwenderische Politik bei der nächsten Wahl ihre absolute Mehrheit zu verlieren. Deshalb bevorzugt sie ihr Klientel in unverschämter Weise. Nur ein paar Beispiele: die neue Platzgestaltung am Kriegerdenkmal in Osterath, um den Schützen einen größeren Aufmarschplatz zu verschaffen, die Plattierung des Schützenplatzes in Lank; die Einführung des „Technomobils“ – Schule auf Rädern; direkte Unterstützung eines CDU Unternehmers; Haushaltsmittel für Materialkosten für den Parkplatz am Nierster Sportplatz, ein Antrag von FC Adler Nierst liegt natürlich vor; Unterstützung von donum vitae für die Schwangerschaftskonfliktberatung usw.

 

Den größten Brocken im Verwaltungshaushalt verursachen die Personalkosten. Das Land NRW geht in seinen Orientierungsdaten von einer Steigerung der Personalkosten von 1% aus, dies berücksichtigt einen notwendigen Personalabbau in den öffentlichen Verwaltungen. In Meerbusch beträgt die Steigerungsrate 5.38%, bzw. 4.98% wenn man die neuen notwendigen Stellen im Kindergarten am Eisenbrand berücksichtigt. Dem Rat wurde kein Personalentwicklungskonzept bei den Beratungen vorgestellt, um aufzuzeigen, wie die Verwaltung die explodierenden Kosten im Personalhaushalt jetzt und in Zukunft eingrenzen will. Lapidar wird u.a. ausgeführt, ein Personalabbau für den Bereich der Stadt Meerbusch ist nicht umzusetzen. So einfach ist Politik, wenn es nicht um das eigene Portemonnaie bzw. um die eigenen Schulden geht, sondern die Bürger zur Kasse gebeten werden. Wir lehnen den Stellenplan ab.

 

Ich komme zum Schluß meiner Rede. Professor Theodor Heuss, erster Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland hat einmal gesagt: „Die Gemeide ist wichtiger als der Staat, und das wichtigste in der Gemeinde sind die Bürger“.

 

Wir werden auch weiterhin diesen Spruch beherzigen und für eine bürgernahe ehrliche Politik streiten.


Gesine Wellhausen