Haushaltsrede 2003/2004

Der Haushalt 2003/04

Haushaltsrede 2003/04

Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2003/04 der Vorsitzenden der FDP-Stadtratsfraktion, Gesine Wellhausen, gehalten am 24.07.2003
"Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren!
Der Schock war groß, als Ende März 2003 die Hiobsbotschaft bekannt wurde, Meerbusch muß Gewerbesteuern in Höhe von netto 8,7 Mio Euro an das Finanzamt zurückzahlen. Unverschuldet, weil ein großes Unternehmen die Zuordnung der Mitarbeiter in Meerbusch falsch berechnet hatte. Da gab es nur eine Lösung, die Verabschiedung des Haushaltes 2003 mußte aufgehoben und ein Doppelhaushalt für 2003 und 2004 in Angriff genommen werden. So weit - so gut. Aber wie sieht das Ergebnis aus? Mager und enttäuschend. Wieder einmal wurde nicht die Chance genutzt, eine grundsätzliche nachhaltige Konsolidierung des Haushaltes durchzuführen, einen Weichenwechsel vorzunehmen, der auch in Zukunft greift. Heilige Kühe werden nicht berührt, wie die ständig anwachsende Bezuschussung der Musikschule, der Volkshochschule, Alternativlösungen für Großprojekte bzw. die Aufgabe derselben werden nicht angedacht, ein Abspecken des Personalhaushaltes scheint unmöglich usw. Man wurschtelt so weiter nach dem Motto „et is noch immer joot jejonge“. Dabei sehen die Zukunftsaussichten auf Bundes- und Landesebene katastrophal aus, die sich natürlich negativ auf die kommunalen Haushalte auswirken werden. Für 2004 ist in NRW bereits ein Defizit von 1,6 Milliarden Euro festgestellt worden. Wird die Steuerreform um ein Jahr - auf 2004 - vorgezogen, kommen mindestens 1,3 Milliarden Euro dazu.

Die jahrzehntelange unverantwortliche Finanzpolitik der absoluten Mehrheit der CDU zeigt sich auch in diesem Doppelhaushalt. Die Verschwendung der CDU kann man beziffern. So steigt die Verschuldung in dieser Legislaturperiode von 1999 bis 2004 um 31,2 Millionen Euro auf 114,7 Millionen Euro, eine Steigerung von 37,4 %, d.h. eine Pro-Kopf-Verschuldung in Meerbusch von 2083 Euro. In Kaarst liegt sie 2003 - man höre und staune - bei 89 Euro und das einschließlich der Realisierung eines zentralen Rathauses. Dabei steht Meerbusch im Verhältnis zu anderen Gemeinden noch gut da, weist unsere Stadt doch eine immer noch überdurchschnittlich hohe Steuerkraft aus. Das bedeutet auch, daß Meerbusch auf absehbare Zeit keinen Anspruch auf Schlüsselzuweisungen hat.

Ein Haushaltssicherungskonzept konnte für diesen Doppelhaushalt vermieden werden. Der Ausgleich für den Doppelhaushalt 2003/2004 und 2005 kann auf dem Papier durch Erlöse aus Grundstücksverkäufen in Höhe von 23,6 Millionen Euro erreicht werden. Das heißt in 3 aufeinanderfolgenden Jahren müssen jeweils städtische Grundstücke von knapp 8 Millionen Euro verkauft werden. Wie die Baureifmachung von städtischen Grundstücken in dieser Größenordnung zu erreichen ist, bleibt vorerst das Geheimnis unseres Stadtkämmerers. Luftbuchungen und Hoffnungswerte scheinen geholfen zu haben. Da ist es auch müßig darüber zu streiten, ob es sich um den Verkauf von Tafelsilber handelt. Fakt ist: Grundstücke in dieser Größenordnung stehen ab 2006 nicht mehr zum Verkauf und damit nicht mehr zum Haushaltsausgleich zur Verfügung. Da trifft es sich ja günstig, daß unser Stadtkämmerer wie seit Jahren schon bei der mittelfristigen Finanzplanung mit einem ´moving target`, einem beweglichen Ziel arbeitet und somit für 2006 einen ausgeglichenen Haushalt prognostiziert.

Aus Verantwortung den Bürgern gegenüber werden wir diesen Doppelhaushalt und die mittelfristige Finanzplanung ablehnen. Es erfolgen keine wirklichen Kürzungen, es sei denn bei der 20%igen Kürzung der Zuschüsse der ehrenamtlichen Arbeit im Jugend- , Sport- und Sozialbereich, eine 20%ige Kürzung bei den Verwaltungskosten wird nicht so konsequent durchgeführt Hauptsächlich wird die Verbesserung des Verwaltungshaushaltes durch Verschieben von Maßnahmen in der Unterhaltung von Gebäuden, die wir im Schulbereich ablehnen und Gemeindestraßen erreicht. Um den Kreditbedarf zumindest für diesen Doppelhaushalt einzuschränken, werden Projekte in folgende Jahre verschoben, aber ihre Realisierung nicht wirklich in Frage gestellt. Der Stadtkämmerer setzt auch in diesem Haushalt wiederum nicht die Haushaltsgrundsätze, wie der Klarheit, Wahrheit und des Kassenwirksamkeitsprinzips um. Wie Herr Ugowski in seiner Haushaltsrede ausführt, strebt er lediglich nur an, „daß sich die Gesamtinvestitionsvolumina mehr dem Kapazitätsmäßigem annähern“, d.h. es liegt nach wie vor außerhalb des Kapazitätsbereiches. Wie in den vergangenen Jahren sind es insbesondere die Großprojekte und die unsolide Finanzpolitik, die verhindern, daß ein bürgernaher, zukunftsfähiger, solider Haushalt verabschiedet werden kann. Das heißt, es werden die wesentlichen politischen Ziele nicht erreicht.

Das was die CDU mit Haus Meer macht, ist praktizierte Kulturschande. Für ein Kulturhaus ist sie auch zukünftig bereit, Millionen auszugeben. Das Haus Meer läßt sie verkommen. Der Skandal Schatz-Museum ist dagegen eine Petitesse. Dabei ist es so einfach und naheliegend: Haus Meer ist das bedeutendste Kulturdenkmal unserer Stadt. Der Rat und mit ihm die CDU Mehrheitspartei haben es in der Hand, das Gelände Haus Meer einer angemessenen, nämlich einer rein kulturellen und öffentlichen Nutzung zuzuführen. Statt Geld für die Bebauung des Dr. Franz-Schütz-Platzes, für die Büdericher Umgehungsstraße, die Weiterplanung des Kulturhauses anzusetzen, um nur einige Beispiele der Lieblingsprojekte der CDU zu nennen, wird nichts für Haus Meer bereitgestellt. Das Werkstattverfahren ist unsäglich, jeder Fachmann schüttelt den Kopf. Aber wie sagte ein CDU Mitglied in der gemeinsamen Kultur- und Planungsausschußsitzung: „Kultur rechnet sich nicht“. Also weg damit! Wir können nur hoffen, daß die Meerbuscher Bürger 2004 der CDU einen Denkzettel verpassen.

Für die FDP kommt nur eine kulturelle, öffentliche Nutzung in Frage. Eine rein wirtschaftliche Nutzung des Areals widerspricht eklatant der historischen Bedeutung des Geländes. Das Gelände Haus Meer soll als geistiger und kultureller Mittelpunkt für alle Meerbuscher Bürger erlebbar und begehbar sein. Wir stellen daher wie in den vergangenen Jahren den Antrag, das Gelände Haus Meer zu kaufen und in eine Stiftung einzubringen. Nur, wenn die Stadt Eigentümerin ist, können öffentliche Mittel fließen. Gebetsmühlenartig kann ich nur wiederholen, das Grundstück wird in eine Stiftung eingebracht, die Stiftung sammelt Spendengelder und gewinnt Sponsoren für den Aufbau und Erhalt. Die laufenden Kosten für die Stadt werden fest geschrieben. So lautet auch das Finanzierungskonzept der Aktionsgemeinschaft „Rettet Haus Meer“ und des Fördervereins Haus Meer e.V. Gut funktionierende Projekte auf diese Basis gibt es in der näheren Umgebung, wie Schloß Bentlage, den Tuppenhof in Kaarst oder das kulturelle Forum in Langenfeld. Vielleicht besinnnt sich auch die CDU noch auf ihre wertekonservativen Ziele. Ein Schrittchen in die richtige Richtung mag die jetzt in den Haushalt aufgenommene Bürgerstiftung mit dem Untertitel „Brüll und Haus Meer“ sein. Wir meinen allerdings Haus Meer hat wie der Künstler Matare eine eigene Stiftung verdient. Oder will sich die CDU im Hinblick auf die Kommunalwahl ein Hintertürchen bezüglich der Rettung von Haus Meer offenhalten?

Auch bei der Aufstellung dieses Doppelhaushaltes verstößt der Stadtkämmerer wieder gegen das Haushaltsrecht. Dreist werden Projekte in den Haushalt aufgenommen, von denen dem Rat keine konkreten Planungen, Kostenberechnungen und Alternativen einschließlich Folgekosten vorliegen, also eklatante Verstöße gegen § 10 der Gemeindehaushaltsverordnung NRW. In anderen Gemeinden wird anders vorgegangen und die Pro-Kopf-Verschuldung ist wesentlich geringer. Ich erinnere an das Beispiel Kaarst. Glücklicherweise macht es die hohe Gewerbsteuerrückzahlung unmöglich, das Lieblingsprestigeobjekt der CDU Dr.Franz-Schütz-Platz schon in 2003 und 2004 zu realisieren, trotzdem sind noch immer 400 Tausend Euro an Planungs- und Baukosten in den Haushalt eingestellt und die Kommunalwahl läßt grüßen - das Projekt wird weiter verfolgt. Wir beantragen die Streichung der Haushaltsmittel. Desgleichen wird mit dem Kulturhaus in Lank verfahren. Es werden zwar keine Haushaltsmittel eingesetzt. Der Aufstellungsbeschuß für den Bereich Gonellastraße ist bereits gefaßt. Munter wird aber weiter an dem Projekt gearbeitet. Es erübrigt sich fast, zu erwähnen, daß dem Rat bisher keine Baupläne, Kostenberechnungen einschließlich der Folgekosten vorliegen. Da braucht man sich auch nicht zu wundern, daß der Personalbestand in Meerbusch so hoch ist.

Weitere Beispiele sind das Feuerwehrgerätehaus in Nierst und die Sportanlage am Eisenbrand. Wozu braucht Meerbusch ein Stadion mit einer Tribüne von 1100 Sitzen, ein Umkleidegebäude für 875 Tausend Euro. Hier werden fast Düsseldorfer Verhältnisse bezüglich der Arena nachgemacht. Die Maßlosigkeit, mit der die CDU im Schulterschluß mit der Verwaltung angeblich zum Wohl der Meerbuscher Bürger vorgeht, ist unglaublich. Wir beantragen eine Überprüfung der gesamten Konzeption und des Standards mit dem Ziel einer drastischen Kostenminderung. Die neue Steuerung ist out, selbst die maßgebliche Säule der Budgetierung wird nicht weiter verfolgt. Dabei wäre es dringend erforderlich, den Zuschußbedarf der Volkshochschule und der Musikschule zu deckeln, nur so können wir auch in Zukunft diese Einrichtungen erhalten. Ein weiteres Negativbeispiel bietet das Projekt Strümper Busch. Es ähnelt mehr dem alten Modell des Siedlungsschwerpunktes als den Konzepten der Planungszellen. Die Zersiedlung in Strümp wird fortgesetzt, die Erschließung im Süden ist aberwitzig und viel zu aufwendig, der Freiraum zwischen Strümp und Bovert wird fast vollständig zerstört, das geplante Gewerbegebiet macht die sich anschließende Wohnbebauung unattraktiv und ist an diesem Standort unnötig. Und bei der Vorstellung des Gestaltungsplanes im der letzten Planungsausschußsitzung wird die ökologische Katze der CDU aus dem Sack gelassen: Der immer wieder von CDU und Verwaltung so hoch angepriesene Grüngürtel entpuppt sich als begrünter Lärmschutzwall. Ein weiteres Beispiel für die Ignoranz der Verwaltung und das bewußte Dummhalten des Rates: Das eine Blättchen „Kostenübersicht für den 1. Realisierungsabschnitt“ vom Januar 2002 sieht Herr Nowack auch weiterhin als ausreichende Grundlage für dieses Großprojekt an.

Eine wirkliche Konsolidierung des Haushaltes, ein Durchforsten aller Haushaltsstellen auf ihre Notwendigkeit wird erst gar nicht versucht. Weiterhin werden viel zu hohe Ansätze im Straßen- und Kanalbereich eingesetzt. Wir beantragen eine 20%ige Kürzung. Ich erinnere an die Haushaltsausgabereste aus 2002 in Höhe von 5,15 Millionen Euro bei einem Haushaltsansatz von 8,9 Millionen Euro. Liebgewordene Zuschüsse, beispielsweise zu den Verpflegungskosten in der Gesamtschule und Matare-Gymnasium, Förderung der Betriebsgemeinschaft, Bedienstetendarlehen müssen gestrichen werden. Dagegen ist es unverantwortlich, die Lehr- und Lernmittel um 20% zu kürzen und die Sanierung der Schulen auf spätere Jahre zu verschieben. Der Kauf und Einsatz von Computern darf nicht die einzige Antwort auf das schlechte Abschneiden deutscher Schüler bei der Pisa-Studie sein.

Den größten Brocken im Verwaltungshaushalt nimmt der Stellenplan ein. Seit Jahren fordern wir ein Personaleinsparungskonzept, das aufzeigt, wie die Verwaltung die explodierenden Kosten im Haushalt jetzt und in Zukunft eingrenzen will. Eine Verwaltung, die es sich leisten kann, über Jahre ihr Personal an Projekten arbeiten zu lassen, deren Finanzierung nicht gesichert ist, verfügt über ein hohes Potential an Einsparungen. Wir haben für diesen Haushalt eine Wiederbesetzungssperre und einen Einstellungsstop beantragt. Mittelfristig, d.h. bis 2007 müssen 10 bis 15 % der Kosten eingespart werden.

Die FDP stimmt auch diesem Doppelhaushalt nicht zu. Die Weichen sind falsch gestellt. Der Haushalt ist unseriös, nicht zukunftsfähig und widerspricht den Interessen der Meerbuscher Bürger."
Gesine Wellhausen