Haushaltsrede 2006

Der Haushalt 2006

Haushaltsrede 2006

 

Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden der FDP anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes 2006 auf der Ratssitzung am 15. Dezember 2005

Sehr geehrter Herr Bürgermeister meine Damen und Herren!
Die Lage der Staatsfinanzen ist bekanntlich eine Katastrophe. Der Staat, und zwar nicht nur der Bund , sondern auch Länder und Gemeinden sind kurz davor, ihre Handlungsfähigkeit zu verlieren. Sie sind gelähmt. Die fette Neuverschuldung des Bundes 2006 wird bei sage und schreibe 44,5 Milliarden € liegen, abgezogen sind dabei schon Privatisierungserlöse in Höhe von 20 Milliarden €. Und der Etat im Land NRW wird trotz sehr einschneidender Einsparungen eine Neuverschuldung von 5,9 Milliarden € ausweisen.


Auf diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Prüfung des Haushaltes 2004 der Stadt Meerbusch durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen nicht überraschend. Meine Damen und Herren, es klingt wie eine Haushaltsrede der FDP: Die Stadt ist an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angekommen, notwendige Potentiale sind vorhanden, ihre Handlungs-möglichkeiten zu erhalten, akuter Handlungsbedarf ist vonnöten. Dieses kritische aber auch konstruktive Untersuchungsfazit fordert gleichermaßen Rat und Verwaltung zum schnellen Handeln auf. Wie sieht der Haushaltsentwurf 2006 aus, entspricht er schon den Forderungen der Gemeindeprüfungsanstalt?


Positiv ist anzumerken, dass für den Haushalt 2006 keine Neuverschuldung vorgesehen ist, die mittelfristige Finanzplanung von 2005 eingehalten, bzw. sogar leicht unterschritten wird. Somit wird eine langjährige Forderung der Liberalen erfüllt. Das bedeutet auch, die Stadt Meerbusch ist noch einmal am Haushaltssicherungskonzept vorbeigeschliddert. Wie in den Vorjahren muss der Verwaltungshaushalt 2006 durch Grundstückserlöse in Höhe von 1,2 Millionen € ausgeglichen werden, d.h. Substanz wird verscherbelt und nicht investiert. Nach der Finanzplanung ist der Haushalt mittelfristig, ab 2007 strukturell ausgeglichen.


Die zaghaften positiven Ansätze können nicht verschleiern, dass die Pro-Kopf-Verschuldung viel zu hoch ist. Und jetzt ist es amtlich dank der Untersuchung der GPA: Meerbusch liegt mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1 959 € um 424 € über dem Mittelwert vergleichbarer Gemeinden und das bei einer immer noch überdurchschnittlich hohen Steuerkraft. Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin hat einen Traum. In spätestens vier Jahren soll die Landeshauptstadt schuldenfrei sein und das bei einer Stadt, die sicher ganz andere Herausforderungen, Aufgaben und Probleme zu bewältigen hat als Meerbusch. Herr Spindler, Träume erwarten wir von Ihnen nicht, aber wir fordern einen strikten Plan zum Schuldenabbau, damit auch zukünftige Generationen noch einen Handlungsspielraum zur Gestaltung ihres Lebensumfeldes haben. Wir würden Sie gern dabei in Arbeitsgruppen unterstützen.


Der Haushaltsentwurf 2006 ist ein Sparhaushalt aus der Not aber nicht aus der Einsicht heraus, strukturell am Durchwursteln hat sich nichts geändert. Großprojekte, wie beispielsweise das Kulturhaus in Lank, die Bebauung des Dr.Franz-Schütz¬Platzes, die Umgehungsstraße werden zwar in folgende Jahre verschoben , aber ihre Realisierung nicht wirklich in Frage gestellt. Kürzungen im Jugend-, Sozial- und Bildungsbereich widersprechen dem Ziel, Meerbusch für junge Familien attraktiv zu machen, Investitionen werden nicht auf ihre Folgekosten überprüft. Die alte Prioritätenliste im Planungsbereich hält auch weiterhin ihren Dornröschenschlaf. Desgleichen werden die zeitlichen Vorgaben im Stadtentwicklungskonzept nicht konsequent berücksichtigt. Alternativen zur Kosteneinsparung bei den Gebührenhaushalten werden nicht konzipiert, das ehrenamtliche Engagement wird zwar in Sonntagsreden gelobt, im Haushalt werden unvernünftige Kürzungen vorgenommen. Und noch immer wird ein anderer Maßstab bei der Ermittlung der Kosten von freien Trägern und der Verwaltung angesetzt. Der notwendige Sparzwang bei der Verwaltung hat noch nicht zu den erforderlichen Maßnahmen geführt. Dazu gehört auch das Zusammenstreichen des städtischen Aufgabenkatalogs dort, wo Private günstiger anbieten können.


Wir haben versucht, durch zahlreiche Anträge in den Fachausschüssen, Akzente für einen zukunftsfähigen Haushalt zu setzen. Leider vergeblich. Daher werde ich heute nur beispielhaft zu einzelnen Haushaltspositionen Stellung beziehen.


Wie in den vergangenen Jahren kann ich nur gebetsmühlenartig wiederholen: Unsere Stadt braucht einen Identifikationspunkt, eine Klammer für alle Ortsteile. Mit dem Gesamtdenkmal Haus Meer haben wir die einmalige Chance, dies zu erreichen. Wir stellen daher wie in den vergangenen Jahren den Antrag , das Gelände zu kau¬fen, bzw. dem Eigentümer ein städtisches Grundstück zum Tausch anzubieten. Das Grundstück 'Kanzlei' wäre bestens geeignet. Wie in den vergangenen Jahren wurde der Antrag abgelehnt. Desgleichen unsere Anträge, Mittel für die Sicherung des Eiskellers und für eine Stiftung in den Haushalt einzustellen. Für die FDP kommt nur eine kulturelle, öffentliche Nutzung in Frage . Auch wenn sich die Zuschussbedingungen geändert haben, die Stadt nur 10% bei einem 50%igen öffentlichen Zuschuss beisteuern muss, der Rest von anderen Trägern aufgebracht werden kann, ist für uns nicht vorstellbar, dass die Stadt einen Privatinvestor durch städtische Mittel unterstützt.


Wir haben den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen begrüßt, insbesondere eine Arbeitsgruppe zu gründen und somit das weitere Vorgehen bezüglich einer Öffnung des Areals für die Bevölkerung zu beschleunigen. Inwieweit auch eine kleine bzw. eine größere Verwaltungseinheit auf dem Gelände untergebracht werden könnte, hätte die Diskussion und Bewertung auch unter wirtschaftlichem Aspekt gezeigt. Der Antrag wurde von der CDU und SPD abgelehnt. Der CDU kam der Antrag zu früh , das Konzept hätte zwar seine Reize, aber es gäbe noch zu viele Fragen und die CDU-Fraktion müsse sich erst einmal separat darüber unterhalten. Die SPD macht es sich noch leichter, ein Grundstückskauf kommt nicht in Frage. Kurzum das alte Dilemma bleibt erhalten: man will sich einfach nicht für Haus Meer engagieren. Lieber versteckt man sich hinter Scheinargumenten, leeren Zuschusstöpfen und dem Eigentümer. Ein Aussitzen bzw. Wegducken nach guter alter Kohl-Manier scheint die Methode zu sein, eine Öffnung von Haus Meer für die Bürger zu verhindern.


Meerbusch soll und muss für junge Familien attraktiv sein, um nicht zu vergreisen. Der Haushaltsentwurf 2006 zeigt hierzu falsche Akzente. So beispielsweise im Bildungs- und Jugendhilfebereich, wenn die Lehr- und Lernmittel um 20% gekürzt werden, die Erneuerung des Medienbestandes reduziert wird, die Stadtranderholung verteuert wird. Unsere Anträge zur Aufstockung der Haushaltspositionen wurden abgelehnt. Desgleichen eine familienfreundliche Erweiterung der Öffnungszeiten des Hallenbades am Wochenende. Aber die Weihnachtszeit kann auch Wunder bewirken. Mit Krokodilstränen und vielen lobenden Worten für die gute Arbeit lehnte die CDU noch im Jugendhifeausschuss den Antrag der Jugendfreizeiteinrichtung JIM eV. auf Bezuschussung einer halben Stelle für eine pädagogische Kraft ab. Und das Wunder geschah im Haupt-und Finanzausschuss, diesmal stimmte die eDU für den Zuschuss zur Qualifizierung der pädagogischen Arbeit und die Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Jugendlichen.


Dank sei der Prüfung der GPA NRW gesagt, die Stadt hat es jetzt schwarz auf weiß, unsere Musikschule hat im Vergleich von 70 Kommunen in NRW den zweitschlechtesten Wert. Mit 18 € pro Einwohner wird der Kulturbereich in Meerbusch gefördert, allein 14 € fließen in die Musikschule. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass in der Kulturausschusssitzung im Oktober erstmalig von der Verwaltung ein Modell zur Reduzierung der Zuschüsse für die Musikschule präsentiert wurde, das auch Honorarkräfte berücksichtigt. Wir begrüßen das Modell einer Mischung von fest angestellten Musiklehrern und Honorarkräften, desgleichen die Anhebung der Musikschulgebühren im nächsten Jahr und die kontinuierliche Überprüfung der Qualität und Effizienz und das Ausschöpfen von kreativen Angeboten und Einnahmequellen . Wütend macht mich allerdings, dass wir seit Jahren Anträge gestellt haben, um das Defizit der Musikschule zu reduzieren , die Blockadepolitik und Ignoranz der CDU immer wieder eine Verbesserung der finanziellen Situation verhindert hat und damit die Existenz der Musikschule in Frage gestellt hat. Wir hoffen, dass mit dieser Strukturreform wieder die Akzeptanz der Musikschule gefestigt wird.

 

Ein weiteres Beispiel für das Verschleudern von Steuergeldern ist der Bau des Umkleidegebäudes am Eisenbrand, der die Stadt 875 Tausend € kostet, einschließlich des 150 Tausend € teuren Eingangsbereiches. Das bedeutet einen Quadratmeterpreis von 2745 € (ohne Berechnung des Grundstückes). Ein Preis, zu dem man eine sehr gut ausgestattete Eigentumswohnung erwerben kann. Aber, wie der ebenerdige Bau -mit hohen Folgekosten- begründet wurde, ist schon sensationell. Der Verein FC Büderich hat es so gewünscht, damit der Bau mit seinem Vereinsheim harmonisiert. Hier regiert der Stammtisch oder liebenswürdiger ausgedrückt, das ist Kirchtumspolitik!

 

Den Strümper Busch sehen wir auch weiterhin als 'Flop' an, bestenfalls wird es zu einem Nullsummenspiel für die Stadt. Wirtschaftlich denkende Gemeinden erschließen ein Neubaugebiet erst, wenn der größte Teil der Grundstücke verkauft ist. Im Meerbusch ticken die Uhren anders: erst gibt die Stadt Geld für die Erschließung aus, dann erfolgt eine kleingliedrige Grundstücksvermarktung. Lediglich 12 Grundstücke sollen im nächsten Jahr verkauft werden, es werden keine Preisunterschiede bezüglich der Lage der Grundstücke gemacht, das alles ist einfach unprofessionell. Zudem macht sich die Stadt selbst noch Konkurrenz, indem sie weitere Baugebiete in Büderich, Osterath und Lank erschließt und sie ebenfalls selbst vermarktet.


Den Stellenplan lehnen wir ab. Wir erkennen zwar das Bemühen der Verwaltung bei der Umsetzung des Personalkonsolidierungskonzeptes und die bereits erreichte Einsparung der Kosten im Personalbereich an. Es wird aber notwendig sein, über die geplante 1% ige Senkung der Personalkosten zum 31.12.2008 hinaus, weitere Einsparungen vorzunehmen. Auf einer KGST-Sitzung im Oktober wurde festgestellt, dass die Kommunen in den nächsten 10 Jahren 20% ihrer Beschäftigten abbauen müssen, um weiterhin handlungsfähig zu sein. Die Prüfung der GPA bestätigt die Zielrichtung der notwendigen Schritte. Die Stadt beschäftigt zu viele und zu gut bezahlte Mitarbeiter. Der radikale Schnitt zur Einsparung muss schon in 2006 vorgenommen werden: Beförderungen sind nicht finanzierbar. Wir verkennen dabei nicht, dass dadurch persönliche Härten und auch Ungleichbehandlungen entstehen, die schmerzlich für die Betroffenen sind, aber ein sicherer Arbeitsplatz in der heutigen Zeit ist ein hohes Gut. Selbst eine geringfügige Beteiligung der Politik an den einschneidenden Sparmaßnahmen ist nicht durchsetzbar. Unser Antrag, die Fraktionszuschüsse um 10 % zu senken, wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt.


Es ist keine Überraschung, die FDP wird den Haushalt 2006 und die mittelfristige Finanzplanung ablehnen. Mehrheit ist Mehrheit, das hat die CDU uns wieder einmal bei den Haushaltsberatungen gezeigt. Sei es, dass sie von den anderen Fraktionen Deckungsvorschläge bei Anträgen verlangt, bei eigenen Anträgen natürlich keine macht. Arbeitsgruppen, um z.B. die Kosten bei der ADV in den Griff zubekommen, werden abgelehnt. Folgekosten bei den Investitionen werden zu wenig berück¬sichtigt, Leistungsstandards, beispielsweise bei der Straßenreinigung nicht überprüft. Ein Umdenken erfolgt erst, wenn das Gericht es verfügt, so z.B. bei der Reduzierung der kalkulatorischen Zinsen von 8% auf 7% bei den Gebührenhaushalten. Das passt nicht zu den finanziellen Herausforderungen, die die Stadt in den nächsten Jahren zu bewältigen hat, sei es z.B. bei Hartz IV, Kindergartenschließungen durch die Kirchen, die Einrichtung von Kindergartenplätzen für Kinder unter drei Jahren, Kosten , die vom Land auf die Kommunen gewälzt werden , wie z.B. die Sachkosten bei Kindergärten usw.


Das Neue Kommunale Finanzmanagement wird ein Umdenken bei Rat und Verwaltung erfordern. Hinter der Einführung verbirgt sich mehr als nur die gesetzlich vorgeschriebene Umstellung des Rechnungswesens von der Kameralistik auf die Doppik. Im Umstellungsprozess wird eine Menge an Informationen gewonnen, z.B. die Transparenz bei den Finanzen und Ressourcen, die über das Rechnungswesen hinaus für die Verbesserung der Steuerung genutzt werden können. Hierzu erwarten wir eine aktive Beteiligung der Politik und eine mit der Verwaltung zeitgleiche Weiterbildung für den Rat.

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Deutschland in ihrer Regierungserklärung als 'Land der Ideen' bezeichnet, zu dem eine 'Regierung der Taten' gehöre. Diese Verbindung von Kreativität und praktischer Umsetzung wünschen wir uns auch für Meerbusch.

Gesine Wellhausen

(Fraktionsvorsitzende)